Berlin-Film-Katalog (in Vorbereitung)

Rarität des Monats Januar 2016

Die Auswahl an Berlin-Filmen, die in den Kinos wie im Fernsehen läuft, wird immer kleiner. Das Filmbild der Stadt wird dementsprechend von immer weniger Werken geprägt. Und immer mehr Berlin-Filme, darunter auch bedeutende, geraten in Vergessenheit.

Deshalb und um zu zeigen, daß Berlin-Film-Katalog nicht nur auf Geld wartet, gibt es den Jour fixe des selten gezeigten Berlin-Films: Seit Juni 2012 wird jeweils am zweiten Montag im Monat im Brotfabrikkino eine Berlin-Film-Rarität präsentiert.

Am 7. und vom 11.-13. Januar 2016 um 18 Uhr (am 11. in Anwesenheit von Frank-Guido Blasberg und anderer am Film Beteiligter) lief

 

Dana Lech

BRD 1990 – 79 Min. (2150 m) – 16 mm (aufgeblasen auf 35 mm; 1:1,37) – Farbe
Regie: Frank-Guido Blasberg. Drehbuch: Frank-Guido Blasberg, Karl-Heinz Zubrod. Dramaturgische Beratung: Stepan Benda, Kornel Miglus, Karl-Heinz Zubrod. Kamera: Stepan Benda. Kamera-Assistenz: Christian Fessel. Lichtgestaltung: Martin Kukula, Paolo Carnera. Beleuchtung: Benjamin Dernbecher. Zusätzliche Kameraaufnahmen: Drago Hari, Harry Rag, Roger von Heereman. Schnitt: Boris Wieland. Ton: Christoph Willems, Jürgen Wolter. Ton-Assistenz: Rolf Becker, Marc Ottiker. Komposition [im Vorspann: Musik]: Wolfgang Thiel. Musik: Angelika Thiel, Wolfgang Thiel. Musikaufnahme: Albrecht Riermeier. Party-Musik: Jojo Wolter, Uwe Jahnke. Sound-Effekte: VOOV Musikproduktion. Aufnahmeleitung: Jost Hering. 2. Aufnahmeleitung: Claudia Luckhaus. Script: Irene Otterpohl. Ausstattung: Ingrid Klenk-Kanawin, Anja Janas Nowosinski. Requisite: Marei Gerken. Bühne: Markus Schnöpf. Fahrer: Till Hartmann. Best Boy: Daniel Hammer. Post Production: Jost Hering. Schnittberatung: Ute Römhild, Ludmilla Korb-Mann. Negativschnitt: Barbara Cordts. Tonschnitt: Gisela Lüpke. Mischung: Martin Steyer. Titel: Herbert Schramm, Stepan Benda. Künstlerische Mitarbeit: Kornel Miglus, Stepan Benda, Boris Wieland. Regieassistenz: Kornel Miglus. 2. Regieassistenz: Bogdan Nowosinski.
Besonderen Dank: Georgia Cecere, Barbara Frankenstein, Eduard Gernart, Lothar Kompatzki, Dorothee Müller, den Musikern auf dem Polnischen Fest, Manfred Stahl, Sibylle Tiedemann, Christine Viertel, Wanda Zemann.
Darsteller: Brygida Mich, Piotr Beluch, Mirella d’Angelo, René Hofschneider, Max Gertsch, Szymon Kusmider, Anton Rattinger, Evelyn Meyka, Renata Zednick, Jost Hering, Bert Bröske, René Grönke, Artur Lukaczewicz, Piotr Plebanczyk, Gabriele Scharnitzky, Michaela Hanser-Meinhardt etc.
Produktion: DFFB. Produktionsleitung: Milanka Comfort.
Erstaufführung: 28. Oktober 1990, Hof (im Rahmen der Hofer Filmtage).

 

Die junge Polin Danuta „Dana“ Lech hat sich gerade in West-Berlin eingelebt, als die Mauer fällt. Kurz darauf steht unerwartet ihr frisch aus Polen angereister Ex-Freund Jan vor ihrer Tür und möchte die Zweisamkeit wiederaufleben lassen. Doch Dana ist inzwischen anderweitig liiert. Und die Gefühle für ihre alte Heimat werden eigentlich schon hinlänglich geweckt oder auch befriedigt durch die zahlreichen anderen jungen Polen, die in Berlin ihr Glück versuchen, während die deutschen Nachwuchsintellektuellen eher damit beschäftigt sind, im Café Adler herumzusitzen und herumzuphilosophieren.

In „Dana Lech“, seiner Abschlußarbeit an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin, widmete sich der 1959 geborene Frank-Guido Blasberg dem damals aktuellen Handeln, Denken und Fühlen in der nun bald mauerlosen Stadt. Doch im Gegensatz zu den allermeisten, die seinerzeit auf die sich gerade wiedervereinigenden Deutschen starrten, schaute er auf Zuwanderer aus dem nahen Ausland (die übrigens bald darauf die zweitgrößte Ausländergruppe in Berlin bilden sollten).

Auf den Hofer Filmtagen, wo „Dana Lech“ im Herbst 1990 seine Uraufführung erlebte, hatten zumindest die Kritiker dafür kaum einen Sinn: Die Festivalberichte beschäftigten sich hauptsächlich mit deutschen Filmen aus Ost und West über deutsche Befindlichkeiten. Auch nach dem Festival fand „Dana Lech“ nur wenig Beachtung, war selten zu sehen und geriet in Vergessenheit. Frank-Guido Blasberg, der hier nur nicht als Regisseur, sondern auch als einer der Drehbuchautoren gewirkt hatte, arbeitete in den Folgejahren vor allem als Kameramann, führte aber nie wieder bei einem Spielfilm Regie. Erst 2014, in der Retrospektive zum zehnjährigen Bestehen des Festivals „Achtung Berlin“, erlebte „Dana Lech“ eine Wiederentdeckung.

Nach einem Vierteljahrhundert ist der Film natürlich auch als Zeitdokument interessant und wegen der Stadtansichten, die er zeigt: Checkpoint Charlie, Bahnhof Zoo, „Mauerspechte“, der „Polenmarkt“ auf der damaligen Brache zwischen Landwehrkanal und Potsdamer Platz und vieles mehr.

 

Unser Flyer zu dieser Rarität. Sie dürfen ihn gern herunterladen, ausdrucken, verteilen oder einrahmen und an die Wand hängen.

 

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J.G.

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Quelle der filmographischen Angaben: Filmlänge, Filmformat: http://www.filmportal.de/film/dana-lech_c1d33ace1e3d4589a13cc16f94a8b0e2 (besucht am 21.12.2015). Alle anderen Angaben: Originalvorspann, Originalabspann.

Bilder: DFFB.

 

 

 

Rarität des Monats Dezember 2015

Die Auswahl an Berlin-Filmen, die in den Kinos wie im Fernsehen läuft, wird immer kleiner. Das Filmbild der Stadt wird dementsprechend von immer weniger Werken geprägt. Und immer mehr Berlin-Filme, darunter auch bedeutende, geraten in Vergessenheit.

Deshalb und um zu zeigen, daß Berlin-Film-Katalog nicht nur auf Geld wartet, gibt es den Jour fixe des selten gezeigten Berlin-Films: Seit Juni 2012 wird jeweils am zweiten Montag im Monat im Brotfabrikkino eine Berlin-Film-Rarität präsentiert.

Vom 10.-16. Dezember 2015 um 18 Uhr lief

 

Verwirrung der Liebe

DDR 1959 – 107 Min. (2920 m) – 35 mm (1:1,33) – Farbe
Regie, Buch: Slatan Dudow. Kamera: Helmut Bergmann. Bauten: Oskar Pietsch. Musik: Wolfgang Hohensee. Kostüme: Gerhard Kaddatz. Masken: Hanns Wosnik. Kostüme: Gerhard Kaddatz. Masken: Hanns Wosnik. Ton: Karl Tramburg. Schnitt: Christa Wernicke. Regie-Assistenz: Ralf Kirsten, Günther Neubert. Kamera-Assistenz: Richard Günther. Aufnahmeleitung: Fritz Brix, Horst Schmidt.
Darsteller: Annekathrin Bürger, Angelica Domröse, Willi Schrade, Stefan Lisewski, Hannes Fischer, Martin Flörchinger, Ulrich Folkmar, Horst Friedrich, Erik S. Klein, Hans Lucke, Friedrich Richter, Werner Wieland, Friedrich-Wilhelm Junge, Kurt Kachlicki, Thomas Langhoff, Monika Lennartz, Ingrid Michalk, Dietlind Müller-Stahl, Horst Rehberg, Hannelore Seezen, Rolf Specht, Hans Teuscher, William Adelt, Günther Ballier, Gerhard Bienert, Werner Dissel, Ursula Fröhlich, Maika Joseph, Hildegard Küthe, Wolfgang Lippert, Willi Neuenhahn, Anneliese Reppel, Werner Senftleben, Marianne Wünscher u.a.
Produktion: DEFA-Studio für Spielfilme. Produktionsleitung: Adolf Fischer.
Erstaufführung: 8. Oktober 1959, Berlin, Babylon (im Rahmen der zum zehnten Jahrestag der DDR veranstalteten Festwoche des DEFA-Films, Kinostart: 13. November 1959).

 

Im westdeutschen Film der Adenauerära war Berlin kaum ein Schauplatz und noch seltener ein Thema, da die meisten Bundesbürger den Dauerkrisenherd nicht auch noch im Kino sehen wollten. Im Osten Deutschlands produzierte hingegen die DEFA zur gleichen Zeit viele Berlin-Filme. Und in nahezu allen, die zwischen der Spaltung der Stadt 1948 und den frühen sechziger Jahren entstanden und in der damaligen Gegenwart angesiedelt waren, wurde die Teilung thematisiert.

Eine bemerkenswerte Ausnahme stellte 1959 „Verwirrung der Liebe“ dar: Zwei Jahre vor dem Mauerbau ignorierte Slatan Dudow in seiner mit viel Aufwand gedrehten Liebeskomödie den Westteil der Stadt bereits so konsequent, wie es im Osten bald nach der Abriegelung der Sektorengrenze zur Regel wurde. Statt sich mit dem im Westen angeblich herrschenden Elend zu befassen, zeichnete Dudow lieber das Leben junger Ost-Berliner in den schönsten Farben – und zwar buchstäbtlich: „Verwirrung der Liebe“ ist nicht nur ein Film voller Heiterkeit und Optimismus, sondern auch voll gepflegter Interieurs und strahlender Farben.

Sonja, Studentin an der Weißenseer Kunsthochschule (Annekathrin Bürger), liebt den Medizinstudenten Dieter (Willi Schrade), doch der verguckt sich auf einer ausschweifenden Faschingsfeier in die kleine Angestellte Siegi (die frisch „entdeckte“ Angelica Domröse als junge Naive). Die etwas allzu kontrollierte Sonja gibt Dieter frei und bandelt bei Gelegenheit mit Siegis bisherigem Freund, dem Bauarbeiter und Boxer Edy (Stefan Lisewski) an. Doch sind die neuen Partner wirklich die Richtigen?

Die nicht sonderlich originelle Handlung diente dem kommunistischen Regieveteranen Dudow, der 1932 mit dem linken Filmheiligtum „Kuhle Wampe“ debütiert hatte, lediglich als Aufhänger, um vom „neuen“ Leben in der DDR zu erzählen, „neue“ Menschen, gewandelte gesellschaftliche Verhältnisse und eine dadurch gewandelte Moral zu zeigen und zur Diskussion zu stellen.

Diese entbrannte dann auch, vor allem unter Funktionären und Fachleuten, wenngleich die Probleme der DEFA mit ebenso anspruchsvoller wie massenwirksamer Unterhaltung im allgemeinen und mit Komödien im speziellen einhellig konstatiert wurden. Vielen Betonköpfen erschien Dudows Film als zu belanglos. Karl-Eduard von Schnitzler, der sich damals ständig im Massenblatt „Filmspiegel“ als Kritiker betätigte, lag wohl auch richtig, wenn er (in Nr. 25/1959) grollte: „Wenn wir (…) einige DDR-Termini herausnehmen würden, könnte dieser Film genausogut in Frankreich oder Italien, ja – von den Vorlesungen der Professoren abgesehen – sogar in Westdeutschland gedreht worden sein.“ Womöglich trug gerade dies zum großen Erfolg von „Verwirrung der Liebe“ beim DDR-Publikum bei. Schnitzler resümierte: „Das Mißverhältnis zwischen Aufwand und Aussage ist (…) unübersehbar. So bleibt nur die Hoffnung, daß uns Slatan Dudow in naher Zukunft einen Film schenken möge, statt eines Filmchens.“ Dazu sollte es nicht mehr kommen: Während der Dreharbeiten zu seinem nächsten Film „Christine“ verunglückte Slatan Dudow 1963 tödlich. Er wurde sechzig Jahre alt.

 

Unser Flyer zu dieser Rarität. Sie dürfen ihn gern herunterladen, ausdrucken, verteilen oder einrahmen und an die Wand hängen.

Weitere Informationen hier.

 

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J.G.

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Quellen der filmographischen Angaben: Filmlänge, Filmformat, Produktionsfirma, Datum und Ort der Erstaufführung: http://www.filmportal.de/film/verwirrung-der-liebe_90241ec5dcef42a1a561a8f158f74f0d (besucht am 24.11.2015). Bezug zur Festwoche des DEFA-Films: Berliner Zeitung vom 4. Oktober 1959. Kinostarttermin: Deutsche Filmkunst Nr. 1/1960. Alle anderen Angaben: Originalvorspann.

Bilder: DEFA-Stiftung/Eduard Neufeld.